Die digitale Baubestandsdokumentation von Gebäuden gewinnt immer mehr an Bedeutung. Im Projekt BaBeDo, welches im Frühjahr 2021 abgeschlossen wurde, wurde dazu ein innovativer Ansatz entwickelt, welcher auf einer Kombination einer graphischen Darstellung und einer für Abfragen geeigneten strukturellen Repräsentation des Gebäudes beruht. Mittels des gerade entwickelten MonArch 3 Systems, welches ab Frühjahr 2022 für Anwenderinnen und Anwender verfügbar sein wird, konnte dieser Ansatz praktisch umgesetzt werden. Der folgende Artikel umfasst eine kurze Erläuterung des BIM-Standards und BaBeDo-Projekts, sowie der Vorstellung einiger BIM-spezifischer Features, welche im Laufe dieses Projekts in MonArch 3 eingebaut wurden. Abschließend wird das MonArch-System anhand echter Daten aus dem Forschungsprojekt vorgestellt.
1. Building Information Modeling (BIM)
Die digitale Bestandsdokumentation von Gebäuden wird sowohl für Neubauten als auch für Bestandsbauten immer wichtiger. Sie ermöglicht es in vielen Fällen erst, auf wirtschaftlich vertretbare Weise einen nachhaltigen Betrieb sicherzustellen oder einen wünschenswerten Ausoder Umbau vorzunehmen. Oft ist dabei eine nachträgliche vollständige oder ergänzende Dokumentation der betroffenen Bestandsgebäude erforderlich. Hinzu kommt, dass nach Abschluss von Bau-, Umbau- oder Erhaltungsmaßnahmen außerdem eine laufende Aktualisierung dieser Dokumentation notwendig ist, um die erzielten Gebäudeeigenschaften auch nachhaltig sicherstellen zu können, beispielsweise für Reparaturen.
Im Bereich der Baudokumentation gewinnt zudem sowohl national als auch international gerade das sogenannte Building Information Modeling (BIM)1 als Grundlage für eine einheitliche Gebäudemodellierung in stark zunehmendem Maß an Bedeutung. Als BIM-Daten wird hierbei alles bezeichnet, was von Softwareanwendungen, die die verschiedenen Anwender und Anwenderinnen im Prozess der Erstellung, Nutzung und Wartung eines Gebäudes einsetzen, verwendet bzw. zwischen ihnen ausgetauscht wird. Diese strukturell angelegten Informationen geben zum Einen Hinweise über die Gruppierung und den Zusammenhang der verschiedenen Teile des Gebäudes. Darüber hinaus liefert das Modell zusätzliche Informationen über diese Bauteile, wie beispielsweise über deren Komponenten-Typ oder wichtige Maßangaben. Der BIM-Standard und seine informationstechnische Umsetzung durch sogenannte Industry Foundation Classes (IFC) ermöglichen also sowohl die 3D-Repräsentation von Gebäuden und Gebäudeteilen als auch eine ausführliche Beschreibung ihrer Eigenschaften.
2. BaBeDo: Digitale Baubestandsdokumentation für die Energieberatung
Das Projekt BaBeDo2, welches im Frühjahr 2021 nach 3 Jahren Laufzeit abgeschlossen wurde, hatte das Projektziel, einen innovativen Ansatz zur Baubestandsdokumentation zu entwickeln, der auf der Kombination einer graphischen Darstellung und einer für Abfragen geeigneten strukturellen Repräsentation des Gebäudes und aller seiner Teile nach Art eines Raumbuchs beruht. So entsteht einerseits eine neuartige Ordnungsstruktur für die Ablage aller relevanten Informationen und digitalen Dokumente wie z.B. Ausschreibungsunterlagen oder einer fotografischen Dokumentation der letzten Sanierungsmaßnahme, andererseits aber auch eine Grundlage zur detaillierten Beschreibung der Eigenschaften von Gebäudeteilen oder des gesamten Gebäudes, wie beispielsweise für Materialeigenschaften oder die Spezifikation der Glassorte eines Fensters.
MonArch ist ein auf raumbezogene digitale Dokumentation spezialisiertes Informationssystem und bietet somit bereits die Möglichkeit, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes innerhalb eines Systems zentral und geordnet zu modellieren. Der oben beschriebene Ansatz wurde folglich in die neue Version des MonArch-Systems, MonArch 3.0, eingebaut. Hier genügt es nun, gezielt einen Teil des Gebäudes mit einem Mausklick anzuwählen, um sofort alle verfügbaren Informationen darüber zu finden. Dabei kann sowohl seine graphische Visualisierung mittels 3D-Modellen als auch seine Repräsentation im MonArch Strukturgraph als Bezugspunkt gewählt werden. Die Suche kann außerdem durch die Angabe von Zusatzinformationen, beispielsweise eines gewünschten Dokumenttyps, einer bestimmten Maßnahme oder einer DIN, weiter fokussiert werden.
Die Darstellung dieser Ordnungsstruktur im BaBeDo-Projekt erfolgt mit Hilfe der BIM-Vorgehensweise, v.a. mittels Imports eines 3D-CAD-Modells im IFC3-Format über die neue MonArch-IFC-Schnittstelle, und liefert damit ein Beispiel für die Anwendung von MonArch im Rahmen von BIM.
2.1 IFC-Import
Um alle Vorteile des BIM-Standards nutzen zu können, kann ein 3D-Modell im IFC-Format in MonArch 3.0 automatisch in das System importiert werden. Dabei wird zum einen das 3D-Modell aufgeschlüsselt und dessen Struktur komplett in den MonArch Strukturgraphen übertragen und mit der 3D-Visualisierung verknüpft. Außerdem werden alle zusätzlich vorhandenen Informationen in Form von MonArch Attributen an die einzelnen Strukturelemente angehängt, so dass insgesamt ein verlustfreier Import des gesamten Modells durchgeführt wird.
Dabei kann der vollständige Import eines gebräuchlichen IFC-Modells, welches in der Regel Größen bis etwa 100MB annimmt, im geringen Minutenbereich durchgeführt werden. Die Gebäudemodelle der Stadt Viechtach4, die im BaBeDo-Projekt entstanden sind, bestehen sogar nur aus jeweils einigen MB und können folglich in unter einer Minute in das System geladen werden.
2.2 Attributierung
Eine besondere Charakteristik des BIM-Gebäudemodells besteht in standardisierten Attributmengen – sogenannten Property Sets -, welche sämtliche vordefinierte Eigenschaften des Gebäudes beinhalten und deren Austausch über das IFC Datenformat ermöglichen. Für jedes Gebäudeteil gibt es hierzu ein vordefiniertes Paket, das als minimaler Standard für den Datenaustausch definiert ist. Zusätzlich können allen Property Sets eine beliebige Anzahl zusätzlicher Attribute angehängt werden. MonArch 3.0 ermöglicht die verlustfreie Übernahme dieser Eigenschaften während des IFC-Imports.
Die Abfrage eines Property Sets aus dem originalen Modell erfolgt nach erfolgreichem IFC-Import in MonArch selbst über den Strukturgraph. Jedes Gebäudeteil kann auch hier ein beliebig großes Paket an hinterlegten Attributen besitzen, das jederzeit über dessen Eigenschaftenfenster abrufbar und veränderbar ist (s. Abbildung 4).
2.3 Kontexte
Bei Verwendung der BIM-Methodik entstehen oftmals mehrere (Teil-)Modelle, welche verschiedene Aspekte des Gebäudes repräsentieren, anstatt eines großen Gesamtmodells. Beispiele hierfür sind die Gesichtspunkte Statik, Architektur oder Sanitär. Erst die Gesamtheit aller Aspekte stellt dann den vollständigen digitalen Zwilling eines Bauwerks dar. Durch die Einführung von Kontexten können diese (Teil-)Modelle in MonArch 3.0 zusammengeführt werden, so dass ein einziger digitaler Zwilling entsteht, ohne jedoch die ursprüngliche Trennung der verschiedenen Aspekte zu verlieren. Durch Auswahl eines entsprechenden Kontextes werden also der Strukturgraph und ebenso die 3D Visualisierung angepasst.
3. Der MonArch 3.0 Client mit Daten aus dem BaBeDo-Projekt
Als MonArch 3.0 wird der sich gerade in Entwicklung befindende neue MonArch-Client5 bezeichnet, welcher Herbst 2021 für Anwender und Anwenderinnen veröffentlicht werden wird. Der BaBeDo-Client stellt eine Ausprägung dieses Clients dar. Er greift auf dasselbe System zurück, wurde aber auf den BIM-Anwendungsfall optimiert. Entsprechend wurden bestimmte Fenster aus bzw. eingeblendet sowie das Layout verändert, was ihm, wie in Abbildung 3 erkennbar, ein stark verändertes Aussehen, sowohl gegenüber aktuellen Ausprägungen des MonArch 3.0 Clients als auch des bekannten derzeit veröffentlichten MonArch 2.0 Clients, gibt.
Dennoch deutlich erkennbar ist die standardmäßige Aufteilung eines jeden MonArch-Systems in seine vier großen Grundkomponenten: Links der Strukturgraph (hier Liegenschaften genannt), rechts ein Themengraph (hier DIN 276), die mittig gelegene Visualisierung (hier nur in 3D) und das darunterliegende Ergebnisfenster (hier Dokumente genannt).
3.1 Liegenschaften und ihre Visualisierungen
Im gegebenen Beispiel wurde die Stadt Viechtach mit 15 Gebäuden modelliert. Diese wurden alle per IFC-Import in das System geladen, d.h. der Strukturgraph wurde nicht manuell in MonArch erstellt, sondern aus dem gegebenen BIM-Modell automatisch übernommen. Ein weiteres Gebäudemodell kann einfach über den Import-Button des Liegenschaften-Fensters und die Auswahl der gewünschten IFC-Datei gestartet werden, die Erstellung der einzelnen Gebäudeteile und Zuordnung zur 3D-Visualisierung wird daraufhin von MonArch selbst übernommen.
Da eine multiple Auswahl an Liegenschaften im BIM-Anwendungsfall nicht für notwendig empfunden wurde, sind sie im BaBeDo-Client nur einfach anwählbar, anstatt mehrfach wie beispielsweise die Dokumenttypen.
Besonders im Fall von BIM ist zudem die durch Mausklick ausgelöste farbliche Markierung in der 3D-Visualisierung äußerst hilfreich, da BIM-Modelle aus einer Vielzahl von Elemente bestehen, die oftmals nur gleichbenannt und durchnummeriert wurden, beispielsweise EG-Fenster-1, EG-Fenster-2, etc. (s. Abbildung 4). Um eine Reparatur an einem bestimmten Fenster zu dokumentieren, wäre es also sehr aufwändig, erst alle dieser Fenster im Strukturgraph
durchsuchen zu müssen, bevor das richtig platzierte gefunden werden würde. Stattdessen genügt in MonArch 3.0 ein Klick auf das gewünschte Fenster im 3D-Modell und das verknüpfte Element wird sofort im Strukturgraph aufgeklappt und selektiert sowie alle ihm zugeordneten Dokumente, Maßnahmen, Personen und Bauteile ins Ergebnisfenster geladen. Diese Navigation ist zudem in beide Richtungen möglich, d.h. die Auswahl eines Elementes in der Hierarchie der Liegenschaften markiert das gewählte Objekt im 3D-Modell ebenfalls farbig.
Dieselbe Verknüpfungsfunktion wurde auch für die zusätzlich eingebaute Kartenansicht integriert, welche sich wie in Abbildung 3 sichtbar rechts neben dem 3D-Modell befindet. In dieser Karte können mittels eines Verknüpfungs- sowie Löschmodus Markierungen für die einzelnen Liegenschaften auf intuitive Art gesetzt und auch wieder entfernt werden. Ein Klick auf eine solche Markierung selektiert daraufhin auch hier das ausgewählte Gebäude in der Hierarchie, worauf wiederum sowohl die 3D-Visualisierung dieses Gebäudes als auch das Ergebnisfenster geladen werden. Rückwirkend visiert die Auswahl eines Gebäudes in den Liegenschaften die Markierung dieses Gebäudes in der Karte an.
3.2 Eigenschaften von Gebäudeteilen
Wie bereits in Abschnitt 2.2 Attributierung beschrieben, werden die Property Sets aus dem BIM-Modell in MonArch 3.0 als Attribute der einzelnen Gebäudeteile gespeichert. Das Ergebnis eines solchen Imports ist in Abbildung 4 dargestellt. Die Namen der Attribute wurden hier direkt aus der IFC-Datei übernommen, ebenso alle bereits vorhandenen Werte. Auch ihre Gruppierung, hier aufgeteilt in Pset_SlabCommon und ArchiCADQuantities, wurde 1:1 aus der originalen IFC-Datei ausgelesen und übertragen.
In MonArch zu finden sind diese Attribute über einen Doppelklick auf ein Gebäudeteil oder dessen Selektion und einen anschließenden Mausklick auf den Bearbeitungsbutton des Liegenschaften-Fensters. Daraufhin öffnet sich das Eigenschaftenfenster des gewählten Elements als weiterer Tab im Bereich der 3D-Visualisierung. Die Attribute der importierten Property Sets befinden sich hierbei unter Erweiterte Eigenschaften.
Neben Gebäudeteilen besitzen auch alle anderen Objekte innerhalb des Systems, also Themen, Dokumente, Personen, etc. ein solches Eigenschaftenfenster, für welches in jedem Fall eine beliebige Anzahl an verschiedenen Eigenschaften definiert werden kann.
3.3 Themen und Kontextfilter
Sowohl die DIN 276 als auch die Dokumenttypen greifen auf denselben im System gespeicherten Themengraph zurück. Beide Ansichten werden im BaBeDo-Client jedoch fest auf einen bestimmten vordefinierten Kontext gefiltert, weshalb der sichtbare Inhalt der zwei Fenster deutlich voneinander abweicht. Im Fall einer Kontextfilterung werden jeweils nur diejenigen Themen sichtbar geschaltet werden, die dem gegebenen Kontext zugeordnet wurden.
Das Ergebnisfenster der digitalen Dokumente reagiert neben der Auswahl einer Liegenschaft auf beide dieser Themenhierarchien. Die definierten Dokumenttypen dürfen an dieser Stelle allerdings nicht mit dem tatsächlichen Dateiformat der Dokumente verwechselt werden. Stattdessen handelt es sich hier um eine manuell erstellte Klassifizierung verschiedener Verwendungsarten. So kann es beispielsweise ein Dokument geben, welches Energieeffizienzmaßnahmen beschreibt, ein anderes hingegen enthält eine Berechnungsgrundlage oder einen Verwendungsnachweis (s. Abbildung 4).
Bei Auswahl eines anderen Ergebnisfensters – Personen, Maßnahmen oder Bauteile – werden auch die Dokumenttypen mit einem abermals anders vorgefilterten Themengraph ausgetauscht, wie im folgenden Abschnitt näher erläutert wird.
3.4 Arten von Ergebnissen
Neben dem Ergebnisfenster für digitale Dokumente befinden sich in dieser Ausprägung des Clients noch drei weitere Tabs. Diese beinhalten ebenfalls jeweils ein Ergebnisfenster und eine Themenhierarchie, auf deren Auswahl sie – ebenso wie immer auf Liegenschaften und DIN 276 – reagieren.
Der nächste Tab namens Maßnahmen stellt eine neue Art der Informationsspeicherung dar, welche für den Anwendungsfall der digitalen Baubestandsdokumentation in der Energieberatung aus dem BaBeDo-Projekt heraus entwickelt wurde. Eine neue Maßnahme kann nun als eigenständiges Objekt definiert werden, mit einem Namen und allen benötigten Attributen versehen werden sowie schließlich verschiedenen Gebäuden oder Gebäudeteilen sowie Themen zugeordnet werden. Die Themenhierarchie wechselt bei Auswahl dieses Tabs entsprechend von Dokumenttypen zu Arten von Maßnahmen. Mittels dieses Ergebnistyps lässt sich folglich intuitiv z.B. nach allen Brandschutzmaßnahmen in der Mittelschule der Stadt Viechtach suchen, indem dieses Gebäude in der Karte angeklickt wird und der entsprechende Maßnahmentyp selektiert wird.
Auch das Modellieren von Personen ist in MonArch 3.0 nun möglich und geschieht größtenteils analog zu Maßnahmen. In Abbildung 5 ist eine beispielhafte Liste an Ergebnispersonen erkennbar, welche dem MonArch-Team als Personenart zugeordnet wurden und für das Rathaus verantwortlich sind. Weitere Personen können einfach über den Plus-Button manuell erstellt werden oder mittels eines VCard-Imports direkt übernommen werden, beispielsweise aus Outlook. Die Themenhierarchie hat sich in diesem Fall, wie ebenfalls in Abbildung 5 ersichtlich, auf Personenarten umgewandelt.
Das letzte Ergebnisfenster namens Bauteile stellt Gebäudeteile dar, mit welchen Elemente der Liegenschaften selbst, z.B. ein Fenster oder eine bestimmte Wand, aber auch Bauteile die nicht im 3D-Modell gesondert modelliert wurden, gesucht werden können. Bei Erstellung wird ein neues Bauteil dazu automatisch mit dem gerade ausgewählten Gebäudeteil aus den Liegenschaften verknüpft und kann anschließend beliebig benannt und Themen zugeordnet werden. Als zweite Themenhierarchie befindet sich in dieser Ansicht eine Auswahl an Bauteiltypen, wodurch also die
Suche nach Gebäudeteilen eines bestimmten Typs innerhalb eines oder mehrerer Gebäude ermöglicht wird.
4. Ausblick
Im Rahmen des Projekts BaBeDo ist ein Forschungsprototyp entstanden, der spezifisch an die Bedürfnisse der Liegenschaftsverwaltung und Baubestandsdokumentation angepasst wurde. Er eignet sich sowohl für die großflächige Verwaltung einer hohen Zahl an Liegenschaften in geringerem Detailgrad, als auch zur detailreichen und genauen Dokumentation einzelner Gebäude. Um einen BIM-konformen Austausch zu ermöglichen, können vorhandene BIM-Gebäudemodelle im IFC-Format dazu auf einfachste Weise und ohne Datenverlust in das System importiert werden.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Building_Information_Modeling
[2] https://wp.uni-passau.de/monarch/babedo/
[3] http://www.buildingsmart-tech.org/specifications/ifc-overview
[5] https://openmonarch.org/2021/05/von-monarch-2-0-zu-monarch-3-0/